Im Herbst mussten noch Urlaubstage abgebaut werden und so beschlossen wir, abermals nach Fuerteventura zu fliegen. Da es noch ein paar Vulkane zu besteigen galt, haben wir uns kurzerhand wieder in Corralejo an der Nordspitze einquartiert.
Nach einer ziemlich unkomplizierten Anreise taten wir am Nachmittag noch einen kleinen Rundgang durch den Ort, der sich in den letzten zwölf Monaten nicht so sehr verändert hatte. Dabei hielten wir Ausschau nach Fahrradverleihen und deren Öffnungszeiten, da der Masterplan mindestens einen Ausritt auf geländegängigen Zweirädern vorsah.
Am Abend im Hotel ging es dann ans Essen, was eher … “naja” geriet. Aber egal, für den bezahlten Preis gibt es eben keine Luxusküche.
Dann ward es Nacht und am Morgen ging es los:
Tag 1
Das Wetter war nicht so toll, nachts hatte es sogar geregnet und nun trieben dunkle Wolken über den Himmel. So hatten wir das nicht bestellt!
Da es trotzdem angenehm mild war, zogen wir mit jeweils einem Regenschirm – der vom Wind sofort zerpflückt worden wäre – bewaffnet los. Der Hausvulkan von Corralejo, der Bayuyo, war unser Ziel – mehr noch: Seine Bezwingung. *dramatische Musik*
Nachdem wir ein bisschen an der Ausfallstrasse der Stadt entlang spazierten, bogen wir an einer Schule rechts ab und folgten einem Pfad durch das Lavafeld. Dort zeigte sich ein Vertreter der lokalen Flora:
Weiter ging es durch eine Investitionsbrache und dann gelangten wir in die Malpais – die Badlands von Fuerteventura. Da aber der Wanderweg GR131 bestens ausgebaut ist, muss niemand befürchten, sich die Beine zu brechen.
Abgesehen von ein paar anderen Wanderern ist man ab hier allein.
Mit Hilfe von GPS und OpenStreetMap fanden wir dann nach einigem Vor und Zurück auch den unscheinbaren Pfad, der vom Hauptweg abzweigt und zu Hang und Krater des Vulkanes führt. Am Fuß des Aufstieges war es relativ windstill, aber als wir immer mehr an Höhe gewannen, zerrte der Wind so ordentlich an uns herum, daß die Verständigung am sichersten per Anschreien gelang.
Da wir uns, um nicht umgeweht zu werden, immer mal wieder hinsetzen mussten, hatten wir Muße genug, den Ausblick zu geniessen.
Dem Zickzack des Pfades folgend schraubten wir uns immer mehr in die Höhe und der Ausblick wurde mit jedem Meter besser.
Trotz des vielen Sitzens sind wir dann doch noch oben angekommen. Das Wetter wurde mit der Zeit immer besser, sodaß sogar blauer Himmel zu sehen war. Aber der Himmel war nicht das, weswegen wir hergekommen waren:
Von hier oben hatten wir einen grossartigen Überblick über die Nordküste von Fuerteventura. Da Lanzarote auch nur 12 km weg ist, konnte man auch dort einiges erkennen. Im Krater des Vulkanes fielen uns aus Steinen gelegte Herzen und Buchstaben auf. Die meisten Sprüche oder Sätze scheinen romantischer Natur zu sein, allerdings gab es auch ein paar Schimpfwörter darunter. Wer macht denn sowas. Ein paar Tage später würden wir die Dinge aus der Nähe zu Gesicht bekommen.
In nordöstlicher Richtung liegt die Isla de Lobos vor Corralejo im Meer und schiebt sich irgendwie in jedes Foto.
Schaut man nach Westen, bietet sich dieser Panoramablick:
Die Vulkankette besteht aus vier Vulkanen, von denen sich der Las Calderas gleich an den Bayuyo anschliesst.
Ein Blick nach Süden zeigt weitere Feuerberge.
Nach einem letzten Foto über die Malpais ging es an einem Hang des Las Calderas hinunter. Die Steinhaufen markieren in der Tat den Weg und sind manchmal durchaus hilfreich.
Wie man auf der Karte oben erkennen kann, kamen wir wieder auf dem Wanderweg GR131 heraus und liefen dann am Fuß der Vulkane zurück nach Corralejo.
Alles in allem legten wir an dem Tag etwa zwölf Kilometer zurück. Für den Anfang nicht schlecht und trotz des etwas unsonnigen Wetters ein Erlebnis.
Tag 2
Nachdem wir am vorigen Abend noch den Wetterbericht bewertet hatten, entschieden wir, daß heute der Tag für die grosse Wanderung sein sollte. Es war, leider mit einiger Luftfeuchtigkeit, Sonne angesagt und entsprechende Temperaturen. Da wir hoch hinaus wollten, sollte das Wetter auch mindestens gut sein.
Der Plan, den wir schon zu Hause gefasst hatten, war, von Tetir aus auf den Rändern des dortigen Tals – Valle de Tetir – entlang zu wandern. Bei Google Maps sah das machbar aus und im Netz fanden sich auch einige Berichte von Leuten, die dieses schon vor uns getan haben. Also können wir das auch.
Bevor es aber losging, war schon die größte Hürde zu meistern. Wir mussten von Corralejo aus nach Tetir kommen. Ein Mietauto hatten wir nicht, also mit dem Bus der Linie 7. Der fuhr um 07:10 Uhr. Uff.
Auf Fuerteventura fahren die Busse sehr pünktlich, also fanden wir uns um sieben am Busbahnhof ein. Die Busse sind deutlich gekennzeichnet, man muss sich also keine Gedanken machen, seinen Wunschbus zu verpassen.
Die Fahrt hat pro Person etwa 3,10 EUR gekostet und führt etwa eine dreiviertel Stunde lang über das Land. Kurz hinter Corralejo war die Landschaft noch offen, aber etwa ab Villaverde gab es immer höhere Vulkane zu sehen, zwischen denen sich die Strasse entlang schlängelt.
Die Luft war klar und die Sonne ging gerade auf, als wir kurz hinter dem Ortseingang von Tetir ausstiegen. Der Busfahrer – wie die meisten Busfahrer auf der Welt hilfsbereit – machte uns klar, dass dies nicht die Haupthaltestelle sei, aber das war für uns schon in Ordnung. Nun ging es los.
Der Ort selber zählt etwa 800 Einwohner und ist bis auf die Kirche und die Sportarena nicht aussergewöhnlich. In der Arena finden traditionelle Ringkämpfe statt.
Geht man weiter durch den Ort kommt man an einem Berg vorbei, auf dem mit weissen Steinen dem heiligen Andreas gehuldigt wird. Auf der anderen Seite des Berges steht eine ihm gewidmete Kapelle. Wer der Mann war, ist uns leider verborgen geblieben. Den Schriftzug kann man sogar auf den Satellitenbildern von diversen Kartendiensten sehen.
Um zu unserem ersten Zwischenziel, dem Aufstieg auf den Rand des Tales, zu kommen, mussten wir noch eine gute halbe Stunde durch Tetir laufen. Der Ort wirkte sehr verschlafen, nur an den Zäunen der meisten Grundstücke sprangen uns immer wieder wütende Hunde entgegen, sodaß wir nicht unfroh waren, daß die Hoftore alle geschlossen waren.
Als wir uns einmal umdrehten, bemerkten wir den Nebel, der sich über die Berge schob. Hmm!
Eigentlich war das Wetter bisher schön und so sollte es doch bitte auch bleiben! Also wieder den Blick geradeaus – da war noch kein Nebel – und so bot sich die Landschaft dem Fotografen an:
Während der Rast an unserem ersten Etappenziel zog immer mehr Nebel in das Tal und die Bergspitzen waren teilweise nicht mehr zu erkennen. Der eine oder andere Zweifel kam uns da schon.
Aber sei’s drum, frisch gestärkt ging es aufwärts. Die Sonne würde den Nebel schon auflösen. Irgendwo musste sie ja sein, die Sonne.
Je höher wir kamen, umso tiefer tauchten wir in die Wolken ein. Mit Sonne war erstmal nicht mehr zu rechnen.
Oben angekommen standen wir dann erstmal mitten in den Wolken.
Der Wind trieb den Nebel über den Bergkamm und es war ziemlich kühl. Und zu sehen war eigentlich nichts. Mittlerweile war es kurz nach zehn Uhr und eigentlich haben wir auf etwas mehr Sonne gehofft. Ab und zu riss der Nebel auf und man bekam etwas vom Umland zu sehen.
Ha, Gebäude gab es hier also auch – Google Maps hat nicht gelogen. Es schien sich um eine Art Trafohaus zu handeln, das mit der in der anderen Richtung gelegenen Antenne zu hat.
Und manchmal konnte man auch den Atlantik im Osten erspähen.
Nachdem wir uns also orientiert und Mut zugesprochen hatten, ging es weiter voran. So ganz langsam lösten sich die Wolken auf und gaben mehr und mehr von der lautlosen Landschaft frei.
Hier war das Wandern eher ein leichter Spaziergang. Alles hatte zwar den Anschein einer Marslandschaft, aber der Boden war halbwegs eben und sogar so weich, daß er federte. Trotzdem war uns etwas mulmig, in unbekanntem Gelände mit sehr eingeschränkter Sicht unterwegs zu sein. Andererseits – falsch abbiegen kann man dort nicht.
So ging es dann auf den ersten paar hundert Metern voran und immer wieder hielten wir an, um Fotos zu machen. Außer ein paar Krähen, die uns beobachteten, war niemand zu sehen. Dafür fanden wir immer wieder alte Knochen, die von Ziegen zu stammen schienen.
Nach und nach änderte sich die Landschaft und es wurde zunehmend gerölliger und ab und zu musste man auch ein bisschen kraxeln.
Irgendwann schob sich dann auch die nächste Herausforderung in den Blick:
Von hier aus sah das noch machbar aus. Gleichwohl durchaus beeindruckend.
Zunächst kreuzten wir aber erstmal den Pfad zwischen Tefir und Casillas de Angel. Heute hat er wohl nur noch touristische Bedeutung, aber früher war mehr los.
Nach einer Pause und einigen Fotos ging es weiter in das immer schroffer werdende Gelände.
Die Unwegsamkeit erprobte zunehmend unsere Geländegängigkeit und Trittsicherheit. Trotzdem genossen wir den herrlichen Blick über das Tal.
Auch Tetir selbst war zu sehen, insbesondere die oben erwähnte Sportarena und die Kirche.
Richtung Westen plätscherte der Atlantik an die Ufer.
Irgendwo weiter oben ging es dann für uns trotz aller Versuche nicht mehr weiter. Einerseits war es schon zwei Uhr und wir waren sehr langsam unterwegs – die Zeit ging für viele Fotos und Ah’s und Oh’s drauf – und ausserdem war nicht jeder von uns schwindelfrei.
Also schauten wir uns nochmals um und traten den Rückweg an. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
Um nicht den ganzen Weg zurückgehen zu müssen, schlängelten wir uns auf dem oben erwähnten Pfad zwischen Tetir und Casillas de Angel hinunter Richtung Tetir.
Unten im Tal gab es einen Unterstand, der nur sehr halbherzig von einigen Ziegen verteidigt wurde.
Dort angekommen ging es nach kurzem Verschnaufen weiter quer durch das Valle de Tetir und über einen kleinen Bergrücken zurück nach Tetir.
In Tetir kamen wir dann auch direkt an der Sportarena und an der Kirche vorbei.
Weil wir in Tetir nicht zwei Stunden auf den nächsten Bus nach Corralejo warten wollten, beschlossen wir, weiter nach Puerto del Rosario, die Hauptstadt Fuerteventuras, zu laufen.
Der Weg führte uns, immer in der Nähe der Strasse FV-10, durch Los Estancos und an einem Technologiepark vorbei, bis wir schliesslich den Rand von Puerto del Rosario erreichten. Wir marschierten noch quer durch die Stadt zum Busbahnhof, von wo aus auch gleich fünf Minuten später ein Bus der Linie 6 nach Corralejo abfuhr.
Nach insgesamt zwölf Stunden und fast 25 Kilometern auf den Beinen kamen wir ziemlich platt im Hotel an. Das Essen ließen wir ausfallen und fielen erledigt in die Betten.